Freitag, 24. April 2020

Freiheit

Diese neue Situation, dieser Zustand der Pandemie, dieser neue, nicht selbst gewählte Alltag bestimmt nun schon eine ganze Zeit lang mein und unser aller Leben. In China ging es schon Ende Januar los mit dem Lockdown. Nach wie vor sind viele Schulen geschlossen. Jedoch höre uns sehe ich immer wieder, dass es sich im Vergleich zum Beginn inzwischen schon fast wieder normal anfühlt. Und das, obwohl die Maßnahmen nach wie vor strikter sind, als sie es in Deutschland bisher überhaupt waren und vermutlich auch je sein werden. Die letzten Tage beschäftigte mich die Frage: Wie steht es denn nun um meine eigene Freiheit?

Freiheit beginnt im Kopf.
Meine Gedanken sind frei. Meine Gefühle sind frei. Meine Träume sind frei. Meine Wünsche sind frei. Meine Ängste sind frei. Meine Meinung ist frei.
Das, was mich, meine Persönlichkeit und meinen Charakter, mich als Menschen ausmacht, ist nach wie vor frei!

Aber wo geht sie weiter, wo hört sie auf, die Freiheit?

Von vielen Seiten bekommt man mit, wie sich die Menschen aufregen, weil sie sich massiv in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen. Ich hörte von Freunden, wie andere sich beklagten, die Mundschutzpflicht sei auch als "Mund verbieten" zu deuten. Es sei ja schon unzumutbar die ganze Zeit zu Hause sein zu müssen, sich jetzt auch noch den Mund abdecken / verbieten lassen müssen?

Auch wenn ich das noch nicht persönlich mitbekommen oder jemanden sagen gehört habe frage ich mich: Was hat denn da das Eine mit dem Anderen zutun?

Andere wiederum meinen, nichts und niemand könne die eigene (Innere) Freiheit einschränken.

Ich denke, dass Freiheit nicht gleich Freiheit ist, dass es einen Unterschied zwischen der Inneren Freiheit und der Freiheit im Außen gibt. Dennoch gehören die Innere und die Äußere Freiheit für mich zusammen. Sie hängen von einander ab, bauen auf einander auf.

Deshalb fühle auch ich mich massiv in meiner Freiheit eingeschränkt!

Denn:
Das Außen, die Freiheit im Außen ist gekoppelt an meine Freiheit im Innen. An meine Gedanken, Gefühle, Träume, Wünsche, Ängste und an meine Meinung.
Die Beschränkung der Freiheit im Außen wirkt sich auf meine Innere Freiheit und somit auch auf meinen Gemütszustand und meine Gefühlswelt aus.

Für mich bedeutet Freiheit, neben der Freiheit im Kopf nämlich auch

- die Möglichkeit zu haben, mich frei bewegen zu können, zu reisen.
- mich in vollem Umfang um meine sozialen Kontakte kümmern zu können, meine Freunde besuchen und in den Arm nehmen zu können.
- Menschen zu treffen, ihre Geschichten zu hören, ihnen meine zu erzählen, von einander zu lernen. Begegnung.

Die aktuellen Umstände, die mir diese Freiheiten nehmen, nehmen mir auch ein stück weit meine Inneren Freiheiten.

Dadurch, dass ich im Außen eingeschränkt bin, ändern sich zwangsläufig auch meine Gefühle, Wünsche, Träume.
Alles passt sich aneinander an. Meistens gibt die Innere Situation vor, wie man sich im Außen verhält, momentan gibt aber oft die Äußere Situation vor, wie es sich im Innen verhält.

Und trotzdem kann ich aus meiner Sicht nur sagen, dass ich mich an diesen neuen Alltag gewöhnt habe und er mir nicht sonderlich viel ausmacht. 

Es tut mir sogar ganz gut mal nicht so viel um die Ohren zu haben, mehr Zeit für mich zu habe. Zum Lesen, zum Yoga machen, zum Kochen, zum Chinesisch lernen. Es ist nicht so, dass ich die viele neue Zeit nicht zu füllen wüsste. So viele Dinge, die ich schon immer gerne gemacht habe und nun noch intensiver mache und noch deutlicher wahrnehme, wie gut mir diese Dinge tun, wie viel Freude sie mir bringen und wie oft ich mir eben doch nicht genügend Zeit für mich genommen habe und mich das Außen zu sehr vom Innen abgelenkt hat.

Wie oft ich meine Innere Freiheit wegen der Äußeren Freiheit nicht wahrgenommen, nicht geschätzt habe.

Leute, die die ganze Zeit nur am Rumjammern und sich beschweren sind, kann ich allerdings überhaupt nicht verstehen. Die Situation ist da. Wir können sie im Großen und Ganzen nicht ändern. Sich über Dinge und Umstände zu beschweren, die sich nicht ändern lassen, bringt ganz einfach nichts. Es macht es nur noch unerträglicher wenn man sich selbst die ganze Zeit mit der Negativität infiziert und auseinander setzt.

Wir können die Situation aber annehmen.
Uns bewusst machen, dass alles auch gute Seiten hat, dass man jede Situation auch positiv betrachten kann, sogar, dass alles einen Sinn und einen Grund hat.

Dass dieser unfreiwillige Alltag dazu beitragen kann, zu wachsen. Für die Zukunft gewappnet zu sein.

Zumindest profitiert die Natur, die Umwelt, die Tiere, Mutter Erde vom globalen Lockdown.

Am Ende ist eben doch alles nur Einstellungssache.