Dienstag, 11. Februar 2020

Wie der Coronavirus meine Urlaubspläne durchkreuzte. Und mich aus dem Leben riss.

Seit knapp zwei Wochen bin ich - vorübergehend - wieder in Deutschland. Vor den Chinese New Year Holidays wurde der Coronavirus bekannt und hat mir und meiner Freundin, die zu Besuch war, einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht was unsere geplante Reise anging. Die Situation hatte sich wirklich von Tag zu Tag zugespitzt, so dass meine Firma entschieden hat, mich erstmal wieder zurück nach Deutschland, "in Sicherheit" zu holen. Deshalb bin ich wieder in Deutschland. Aber nun erzähle ich die ganze Geschichte mal von vorne...

Danke das du da warst, Hanni ♥

Chinese New Year Holidays waren dieses Jahr vom 23.1 bis zum 30.1 (ursprünglich, in Wirklichkeit wurden sie wegen des Virus bis zum 2.2 verlängert). Eine Woche am Stück frei. Da bietet es sich doch an, Besuch aus Deutschland zu bekommen und gemeinsam zu verreisen. Soweit der Plan.


Meine Freundin kam am 18.1 planmäßig in Shanghai an. Das Wochenende haben wir mit Wellness im Hotel und einem Ausflug ins Disneyland verbracht. Alles war super und so normal!
Montag bis Mittwoch musste ich noch arbeiten, vor den Feiertagen. Am Dienstag, 21.1 habe ich ZUM ALLER ERSTEN MAL ÜBERHAUPT von dem Coronavirus gehört. Auf der Arbeit wurde über nichts anderes gesprochen. Meine Arbeitskollegen haben zum Teil ihre Pläne verworfen, ihre Familien in den Hometowns zu besuchen. Meine Arbeitskollegen wollten auch mich davon überzeugen das ich auf meine Reise verzichte und lieber zu Hause, "in Sicherheit", bleibe. 

Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch:
Come on, so schlimm wirds ja wohl nicht sein. Ein neuer Virus, ungefähr 20 Infizierte auf 1,5 Milliarden Menschen, was ist das schon. Deswegen nicht in Urlaub fahren...? Nee, wir fahren (bzw. fliegen) trotzdem wie geplant!!

An unserem letzten Abend in Suzhou vor der Reise haben wir uns spaßeshalber noch Mundschutz-Masken von Mickey Mouse gekauft. Zum Glück - später als man sie dann wirklich gebraucht hat, konnte man keine mehr kaufen.
Am Donnerstag, 23.1 sind wir vormittags mit gepackten Rucksäcken und Koffern mit dem Zug von Suzhou nach Shanghai gefahren. Unser Hotel war in der Nähe vom Bahnhof, also sind wir direkt dort hin und haben eingecheckt. Es hat echt den ganzen Tag geregnet. Als erstes sind wir zum Yu Garden gefahren. Wir liefen ein bisschen in der Altstadt herum und besuchten dann den Garten. Dort wurde uns dann zum allerersten mal in der Öffentlichkeit Fieber gemessen - und von dort an haben wir dann auch immer unsere Maske getragen. 

Weil wir so durchnässt waren und es nach wie vor heftigst regnete, sind wir erstmal wieder zum Hotel, bisschen ausruhen...

Abends sind wir dann mit der Bahn zum People Square und über die Nanjing Road bis vor zum Bund gelaufen. Überall gähnende Leere! Keine Menschen! Weit und breit. Und nach wie vor: Regen.
Um den Tag ausklingen zu lassen sind wir noch in eine nice Bar gegangen und haben leckere Cocktails getrunken und Käse- und Schokofondue gegessen *-*


Der Bund, einsam und verlassen

Käsefondue in der Captain's Bar


Am Freitag, 24.1 ging es dann morgens Richtung Flughafen. (Da ist mir etwas ganz doofes passiert. Ich habe das Taxi zum falschen Flughafen bestellt. Eine Weile nach dem wir losgefahren waren, kam es mir komisch vor das wir nur so kurz brauchen sollen, dann habe ich nochmal nachgeschaut und gemerkt: Schieße, falscher Flughafen :D)
Unseren Flug haben wir bekommen und auch sonst war alles ganz unspektakulär und normal.
Nachmittags sind wir in Zhengzhou gelandet und haben den Rest des Tages im Hotel verbracht. Inklusive romantischem Abendessen auf dem Hotelzimmer.


Für Samstag, 25.1 standen die Longmen Grotten in Luoyang auf dem Plan. Die Zugtickets nach Luoyang hatten wir schon, also sind wir gefahren. Außer uns waren es nicht besonders viele Fahrgäste...

 
 
In Luoyang angekommen sind wir erste mal zu den Taxis. Der Fahrer sollte uns zu den Grotten fahren. Hat er auch gemacht. Aber dort standen wir vor verschlossenen Türen auf einem leeren Parkplatz, irgendwo hing eine kleine Notiz die der Fahrer las und uns mittels Translator sagte, das die Grotten geschlossen waren. Gut, dann probieren wir es mal mit dem White Horse Tempel. Auf dem Weg dort hin sahen wir das auch dieser geschlossen hat. Okay, dann eben doch zu dem anderen Tempel...!? Auch hier gab es verschlossene Türen. Letzte Option: Altstadt...? 

Oh ja *__*



Blätterteigkekse mit Rosen gefüllt *_*


in einem von vielen superkitischigen Läden





Wir hatten einen absolut tollen Tag draußen. Aber leider nichts zum Abendessen, bzw. Tütennudelsuppe und abgepacktes Gebäck. Weil auch hier: verschlossene Türen.


Sonntag, 26.1 startete ähnlich. Mit dem Taxi zum Bahnhof und von dort nach Kaifeng, für eine Nacht. Das wir nicht das geplante machen können, damit hatten wir uns davor eigentlich schon abgefunden. Nachdem abends dann auch noch die Nachricht von Seiten meiner Firma reinkam, ich solle so schnell wie möglich zurück nach Deutschland fliegen, haben wir uns dafür entschieden, das beste aus dem Rest des Tages zu machen. Was uns auch wieder reichlich gelungen ist ♥



Die Area rund um den Millenium-Park





so atemberaubende Deko für das New Years Fest...

...und keine hat was davon, weil alles geschlossen ist
und alle zu Hause sind :(

unser mega fettes Honey-Moon-Hotelzimmer

mit freistehender Badewanne *__*
Montagmorgen haben wir recht früh aus dem Hotel ausgecheckt, weil wir mit dem Zug wieder zurück nach Zhengzhou müssen. Da wollte ich ein Taxi hinbestellen, hab aber keins bekommen. Ich bat die Dame vom Empfang mir ein Taxi zu rufen. Sie meinte, seit 0 Uhr fahren keine Taxis und Busse mehr, wir könnten ja mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren. 14 km. Hahahaha :D
Ein privates Taxi haben wir dann Gott sei Dank noch bekommen.

Aber dann folgte der nächste Schock:
auf dem Weg zum Bahnhof rief unser Hotel an und teilte mit das wir heute auschecken müssen, weil das Hotel schließt.
Viel weiter sind wir mit englisch dann aber nicht gekommen.
Später habe ich dann mit dem Hotelmanager telefoniert und ihm die Sachlage erklärt. Er meinte es werde sich darum gekümmert das wir eine andere Unterkunft bis Donnerstag bekommen. 

Wir beide dachten: Lass uns lieber nach Hause. Am besten so schnell wie möglich. Bevor am nächsten Tag das selbe mit dem nächsten Hotel passiert.
Gesagt, getan. Gegen 15 Uhr sind wir am Montag, 27.1 für viereinhalb Stunden mit dem Zug von Zhengzhou nach Suzhou gefahren.

 

Dienstag, 28.1 hatte ich dann einige Telefonate mit Arbeitskollegen aus Deutschland als auch aus China. Um die nächsten Schritte zu besprechen und alles weitere zu organisieren. Wir haben quasi alle gemeinsam entschieden, dass ich, wenn möglich mit dem selben Flugzeug wie meine Freundin zurück nach Deutschland fliege. Ich nehme erstmal nur das Nötigste mit und alles weitere wird dann entschieden. 

Am Mittwoch, 29.1 verbrachten wir den Tag mit packen, aufräumen, klar Schiff machen. Außerdem haben wir meine Pflanzen und Schlüssel zu einer Freundin von mir gebracht. Auf den Straßen und in der Bahn war nichts los. Geisterstadt.  Endzeitstimmung. Auch die Mall war wie leer gefegt. Nur Menschen die zum Arbeiten dort sind und unsereins, Ausländer, hat man in der Mall und in den Restaurants gesehen :(




Ja, und am Donnerstag, 30.1 wurde die Wohnung finalisiert. Reste verwertet. Die letzten Sachen gepackt. Sachen in der Wohnung so gut wie möglich verstaut. Fenster geschlossen. Müll raus gebracht. Wie das halt so ist, wenn man für längere Zeit in Urlaub fährt und nicht weis, wann man wieder nach Hause kommt...

Um 17 Uhr hat uns ein Fahrer abgeholt und nach Shanghai zum Flughafen gebracht. Auf dem Weg gab es eine Fieberkontrolle. Am Flughafen eine weitere. Wir haben unser Gepäck aufgegeben und dann hatten wir noch massig Zeit. Zum Dokumente ausfüllen. Für den Security Check. Zum rumlaufen. Zum Abendessen. Zum rauchen gehen. Zum Rumsitzen. 
Um 1:10 sind wir dann mit einer Verspätung von knapp einer halben Stunde abgehoben und haben China verlassen. Mal sehen für wie lange...

nix los am Flughafen Shanghai Pudong

Im Flugzeug mussten wir dann wieder einen Zettel ausfüllen und Angaben zu unserer Flugnummer, Sitzplatznummer, von wo nach wo wir wollen und warum etc. machen. Am Freitagmorgen, 31.1, 6 Uhr deutscher Zeit sind wir in Frankfurt gelandet und haben nach über einer Woche den Mundschutz wieder runtergenommen. Weil wir sind ja jetzt wieder auf Deutschem Boden, "in Sicherheit", jetzt kann nix mehr passieren.
Ja, das war es tatsächlich. Keine weiteren Dokumente zum Ausfüllen, keine Fieberkontrollen, keine anderen Maßnahmen.

Die Eltern meiner Freundin haben bereits auf uns gewartet. Ich bin noch für eine Nacht mit zu ihr. Am Samstag haben mich dann meine Eltern bei ihr bzw. ihren Eltern abgeholt. Somit haben unsere Eltern sich auch endlich mal kennen gelernt :)

Und jetzt bin ich wieder hier, in Deutschland, in Emmendingen, bei meinen Eltern. Bis zum Ende der Woche. Nächsten Montag gehe ich wieder zur Arbeit und dann werde ich erstmal bei meinen Großeltern wohnen. Die sind glücklicherweise wieder ein paar Wochen im Urlaub. Und dann wird sich hoffentlich in den nächsten Wochen entscheiden, wie es weiter geht.

Das hier ist nun der Zahlen-Daten-Fakten Beitrag zum Coronavirus von den ersten beiden Wochen, die ich davon live und in Farbe mitbekommen habe. Ein weiterer Beitrag über meine Gedanken, Gefühle und Einstellung zu dem Thema folgt. 

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen. Bis bald. Selina :)