Dienstag, 2. April 2019

Die größte Herausforderung? Abhängig von anderen sein!

Alle die mich kennen, die wissen, dass es für mich mit zur Arbeit gehen, nach Hause kommen, einkaufen, kochen, essen, duschen nicht getan ist. Ich brauche Abwechslung. Ich will jeden Tag etwas lernen. Ich muss etwas erleben. Deshalb kann ich nicht einfach rumsitzen und nichts-tun. Ich brauche etwas das mich fordert. Das mit dem Fordern ist hier kein Problem. Wie bereits erwähnt, spricht so gut wie niemand Englisch, das ist schon wirklich herausfordernd. 


Trotzdem gebe ich mich nicht alleine mit den "nötigen" Dingen des Alltags zufrieden. Ich versuche meinen Alltag zu füllen, mit Dingen die mir Spaß machen und mit Dingen an denen ich wachsen kann. 

Deshalb ist es für mich in erster Linie so wichtig, meinen Radius, das Umfeld in dem ich mich auskenne, Tag für Tag zu vergrößern. Momentan bin ich noch absolut auf die Hilfe meines Arbeitskollege Frank angewiesen. Er ist wirklich eine große Unterstützung. Er hilft mir, wo er nur kann, beantwortet meine Fragen, und macht sich regelmäßig nach der Arbeit mit mir auf den Weg, irgendwo hin, um mir Orte zu zeigen, die meinen Alltag erleichtern. Und um mir dabei zu helfen, meine Freizeit schöner zu gestalten :)

Seit knapp 2 Wochen bin ich Mitglied im Yogaclub. Ich habe mir online ein Studio in meiner Nähe ausgesucht und er ist nach der Arbeit mit mir dort hin gefahren. Im Vorfeld hat er bereits dort angerufen und alles mögliche abgeklärt. Dank ihm durfte ich an einer Probestunde teilnehmen, er hat sogar gewartet, um im Anschluss, wenn es mir denn gefallen hat, mit mir die Formalitäten durchzugehen und den Vertrag auszufüllen.
Jetzt habe ich eine Mitgliedskarte und kann so oft ich möchte hin. Alleine, mit dem Taxi :)

Er hat mir über Google-Maps einen Gemüsemarkt gezeigt und mir erklärt, wie ich von meinem Appartement aus dort hinkomme. Über Streetview hat er mir den Eingang gezeigt, da habe ich ein Foto von gemacht. Dann bin ich einfach mal losgelaufen. Und siehe da - ich habe es gefunden.

Außerdem weis ich dank ihm wie ich an internationale Lebensmittel komme. Auch hier ist er nach der Arbeit mit mir zu einem Supermarkt "um die Ecke" gefahren. Das, was ich nicht gefunden habe, hat er mir online bestellt.

Gestern ist er mit mir zum  Bahnhof gefahren. Wir haben das Auto in der Nähe der von mir nächst gelegenen U-Bahn-Haltestelle geparkt und sind mit der U-Bahn gefahren. Am Wochenende werde ich das erste Mal nach Shanghai fahren. Online habe ich mir dir Zugtickets gekauft und musste sie am Schalter abholen, das hätte ich dieses Mal, das erste Mal, wirklich nicht ohne ihn geschafft! Doch jetzt weis ich Bescheid, das nächste mal bekomme ich das alleine hin! Außerdem kann ich nun am Freitag auch mit der U-Bahn zum Bahnhof fahren und muss mir kein Taxi nehmen. Weil ich dank ihm jetzt weis, welche Linie in welche Richtung ich nehmen und wo ich umsteigen muss. 

Natürlich probiere ich - bisher eben nur am Wochenende, weil es so viel Zeit braucht - auch ohne seine Hilfe alleine etwas aus.

Zum Beispiel bin ich bereits am Wochenende das erste Mal mit der U-Bahn gefahren. Ich habe mir im Vorfeld voll den Kopf gemacht und dann festgestellt, dass es eigentlich ganz easy ist. Die Haltestelle ist ca. 500 Meter von meinem zu Hause weg, ich muss nur gerade aus Laufen und es ist sogar angeschrieben. In der Haltestelle kann man die Sprache der Ticketautomaten auf Englisch umstellen. Und die Automaten sind selbsterklärend, nicht wie bei uns in Deutschland :D

Im Kino war ich auch schon. Das war vielleicht eine Herausforderung...
Bis ich das Kino überhaupt mal gefunden habe war ja schon ein Act. Englisch gesprochen hat - wie schon erwartet - niemand.
Ich habe mir Bohemian Rhapsody angesehen. Amerikanische Filme laufen hier in den Kinos auf Englisch, mit chinesischem Untertitel. Trotzdem kennt den amerikanischen Namen natürlich wieder keiner. Plakate hingen auch keine rum, auf die ich hätte zeigen können. Internet habe ich auch nur auf dem chinesischen Handy, sprich, mit chinesischem Browser. Ich habe dann auf gut Glück den englischen Namen eingegeben - und es hat geklappt! Endlich hat man mal verstanden was ich hier überhaupt will :D 

Was ich damit sagen will: es ist alles gar nicht so einfach. Deshalb ist es so wichtig für mich, offen zu sein, offen für neues, offen für Veränderung (bleibt mir ja auch gar nichts anderes übrig) und offen um zu lernen. Würde ich einfach nur zu Hause sitzen weil ich Angst vorm Scheitern habe, könnte ich das Ganz hier gleich vergessen.

Nach 4 Wochen hier in China kann ich also "schon" an Yogastunden teilnehmen, zum Supermarkt, zum Wochenmarkt und U-Bahn fahren. Ich kenne den Weg zum Bahnhof und zum Kino. Einerseits bin ich wirklich stolz auf mich, aber andererseits, fühle ich mich "immer noch" so hilflos und unselbständig.

Frank meinte schon zu mir, ich muss lernen geduldiger mit mir zu sein. Eins nach dem Anderen zu machen und nicht alles auf einmal zu wollen. Ich weis, er hat ja recht. Aber das zu akzeptieren ist ganz schön schwer für mich. Weil ich von Grund auf so selbständig bin und die Dinge einfach anpacke. Sonst wäre ich wohl kaum hier in China, alleine, 9000 km weg von zu Hause.
Hier & Jetzt auf andere angewiesen zu sein und nicht einfach selbst nach dem Weg fragen zu können, DAS ist neu für mich. Wenn ich so darüber nachdenke, ist das wohl meine größte Herausforderung momentan.